Der (Mehr)Wert einer Tasse Tee…

Im Just geht‘s zu den Öffnungszeiten in der Anlaufstelle meistens rund – da gibt es oft ein buntes und lautstarkes Aufeinandertreffen von jungen Menschen, die mit den unterschiedlichsten Anliegen und Themen vorbei kommen und zumeist von prompter schneller Hilfe profitieren können. Da wird gekocht, gegessen, Kleidung gesucht und gefunden, gewaschen, geduscht, zugehört und Pläne geschmiedet, schnelle Tipps und Tricks ausgetauscht, gespielt und gelacht, Termine vereinbart, im Vorbeigehen die Post bearbeitet und vor‘m Zusperren noch schnell ein „Care-Paket“ gepackt. Manchmal bleibt uns Streetworker*innen nur übrig, die Themen zuerst zu bearbeiten, die am vehementesten im Raum stehen. Die Probleme, die oft ein bisschen hinten an stehen, sind die heimlichen und leisen, die man/frau sich nicht gleich zu erzählen traut – die Tabuthemen, die Geschichten, die weh tun und die die Zeit brauchen, bis sie an die Oberfläche kommen dürfen…

Eine Tasse Tee, angeboten in einer ruhigen Stunde im just, außerhalb der Öffnungszeiten oder wenn alle anderen Besucher*innen schon gegangen sind, öffnet manchmal so ein Fenster in Welten, die einen Blick wert sind und die besonderer Zuwendung bedürfen. Wertvoll kann diese Tee-Stunde sein, in der wir zwei offene Ohren und ungeteilte Aufmerksamkeit für diese eine Person und ihre tiefsten Sorgen, Ängste und Wünsche haben können. Tee-Zeit erschließt uns Zugänge zu ganz besonderen Persönlichkeitsaspekten unserer Besucher*innen. Das mögen bislang verborgene Sehnsüchte und Perspektiven sein, die man/frau sich nicht vor den anderen ansprechen traut, aus Angst ausgelacht oder als „uncool“ abgestempelt zu werden. Das können aber auch traumatische Erlebnisse aus der Kindheit sein: Kriegstraumata, Erfahrungen von Gewalt/ Mißbrauch/ Vernachlässigung, der Verlust von geliebten Menschen, Mobbing, … Erlebnisse, die Kinder und Jugendliche prägen und häufig sehr präsente Anteile in ihrem (jungen) Erwachsenenleben haben. Wenn wir uns Zeit nehmen, hin zu hören und einen Rahmen schaffen können, in dem sich unsere Jugendlichen/jungen Erwachsenen angenommen und wohl fühlen, können wir (vielleicht) den Kern oder auch den Ursprung vieler Probleme finden und mit ein bisschen Glück tatsächlich auch „Hilfe für die Seele“ leisten.

„just“ Jugendstreetwork bietet jungen Menschen gerne eine Tasse Tee, offene und unvoreingenommene Ohren. Wir nehmen uns Zeit, um herauszufinden, wo und wie wir DICH am besten unterstützen können oder wer dir in deinem speziellen Thema vielleicht noch besser unter die Arme greifen kann!